Therapie angeborener Gefäßerkrankungen mit dem Laser

Bereits im Jahre 1917 erarbeitete A. Einstein mit seiner Quantentheorie die physikalischen Grundlagen für die Erzeugung von Laserlicht. Jedoch erst im Jahre 1960 wurde von T.H. Maiman das erste in der Medizin einsetzbare Lasergerät (Rubinlaser) konstruiert, welches vorerst nur von Dermatologen und Ophtalmologen angewendet wurde. Ende der 60-er Jahre kam dann zur Entwicklung einer Vielzahl von Lasersystemen, die nach erfolgreichen tierexperimentellen Studien Mitte der 70-er die erste klinische Anwendung fanden. Die Vorteile der Hämostase, der hohen Präzision bei geringer Traumatisierung des umgebenden Gewebes und der Möglichkeit des non contact (aseptischen) Arbeitsmodus, führte aber dann zu einer rasch zunehmenden Anwendung der Lasersysteme bei allen operativ tätigen Ärzte. An der kinderchirurgischen Abteilung des SMZ-O wird mit ausgezeichneten Erfolgen der Nd-Yag Laser bei angeborenen Gefäßerkrankungen eingesetzt.

Physikalische Grundlagen:

LASER ist die Abkürzung für Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation (Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung). Das Lasergerät besteht aus einer Energiequelle (Pumplichtquelle) und aus 2 reflektierenden Spiegeln (Resonator), wovon einer teildurchlässig ist. Dazwischen befindet sich das laseraktive Material.

Je nach Art des laseraktiven Materials unterscheidet man:

  • Festkörperlaser (Rubinlaser, Neodym-Yag Laser)
  • Flüssigkeitslaser (Fluoreszenzfarbstoffe oder seltene Erden)
  • Gaslaser (Argonlaser, CO2 –Laser, Helium-Neon Laser)

Der Laserstrahl tritt nun gebündelt bei dem teildurchlässigen Spiegel aus, von wo er mittels verschiedener flexibler Lichtleitkabel, so genannte bare fibers, weitergeleitet werden kann. Der Laser emittiert unsichtbares, kohärentes (zeitlich und räumlich phasengleiches), kollimiertes (parallel verlaufendes), monochromatisches (unifrequente Wellen) Licht. Im Falle des bei uns verwendeten Neodym-Yag (Nd-Y) Lasers handelt es sich um Licht im nahen Infrarotbereich mit einer Wellenlänge von 1064nm mit folgenden Laserqualitäten:

Wellenlänge: 1064nm

Farbe: unsichtbar, nahes Infrarot

Leistung: 5-100 W

Eindringtiefe: 5-6mm

Schneiden: mittelmäßig

Vaporisieren: mittelmäßig

Koagulieren: sehr gut

Schweißen: sehr gut

Die Wirkung des Lasers auf das Gewebe hängt von der Bestrahlungszeit (Gepulst oder continous) und von der Bestrahlungsenergie (gemessen in Watt) ab, wobei das unterschiedliche Absorptionsverhalten des Gewebes beachtet werden muss. Die hohe Absorption der Strahlung des CO2- und Argon Lasers im Blut (Hämoglobin) führt zu einer ausgezeichneten oberflächlichen Schneidewirkung, während die geringe Absorption des Nd-Y Lasers die größere Eindringtiefe bedingt. Die Gewebereaktion beruht schließlich auf einer photothermischen Reaktion.

Grad Gewebereaktion
40-60° C Störung der Membranfunktionen mit Ödembildung und Austritt von Eiweißfibrillen aus den Zellen, die bei Abkühlung vernetzen, so dass ein Schweißeffekt erzielt werden kann.
65° C Eiweißdenaturierung, Austrocknung und Schrumpfung des Gewebes, Blutstillung und Tumordenaturierung
100° C Sieden des Zellwassers
>100° C Zellexplosion, Wasserverdampfung mit Gewebeaustrocknung
>150° C Karbonisation
>300° C Vaporisation

Angeborene Gefäßerkrankungen (CVD- congenital vascular disorder)

Angeborene Gefäßerkrankungen sind gutartige Gefäßwucherungen und zählen zu den häufigsten benignen Tumoren des Kindesalters. Angeborene Gefäßerkrankungen sind bei Mädchen doppelt so häufig beschrieben wie bei männlichen Kindern. Die häufigsten Lokalisationen sind:

  • Kopf- im Bereich der großen Fontanelle (65%)
  • Gesicht- Stirne, Wange, Augenlider, Ohrmuschel, Oberlippe im Bereich des Lippenrotes, Nasenspitze
  • Schleimhäute- Lippe, Gingiva, Gaumen, Zunge
  • Thorax- im Bereich der Mamillen
  • Intraabdominell
  • Inguinal- große Labien, Scrotum
  • Extremitäten- Beuge- und Streckseitig
  • Intracraniell

Man unterscheidet folgende Gruppen:

1. Vaskuläre Malformationen:

Diese bei der Geburt schon vorhandenen Gefäßmissbildung entsteht auf Grund eines irregulären Gefäßwandaufbaus wie Agenesie, Aplasie, Hypo- oder Hyperplasie. Die Gefäße sind arteriellen, venösen, kapillären, lymphatischen oder sogar gemischten Ursprungs. Der Gefäßtumor wächst proportional zum Körperwachstum, das Volumen kann je nach Blutfluss variieren. Bei dieser Form zeigt sich keine Spontanregression.

Als Sonderform gilt der

- Naevus flammeus (Feuermal): rote bis blaurote scharf begrenzte Flecken im Hautniveau, die sich mit einem Glasspatel wegdrücken lassen. Als Ursache wird eine angeborene Erweiterung der Kapillargefäße angesehen.

  • blasse Feuermale (Storchenbisse): blass bläulich, bei Neugeborenen median oder symmetrisch paramedian gelegen- frontal, nasolabial, nuchal, sacral. Keine Therapie erforderlich, da Abblassung/ Verschwinden bis zum 2. Lebensjahr
  • Naevus vinosus (Portweinnaevus): blau-rot, im Bereich des Ausbreitungsgebietes eines Trigeminusastes. Therapeutisch Versuch der Aufhellung mit Kohlesäureschnee, Argonlasertherapie.

- Naevus araneus (Spider naevus): roter leicht erhabener Punkt aus dem kleine Blutgefäße radiär ausstrahlen- entspricht dilatierter Arteriole, die sich in Kapillaren aufteilt. Kommt beim Säugling und Kleinkind vereinzelt im Gesicht vor, und verschwindet häufig spontan.

2. Echte Hämangiome:

a. kapilläre = planotuberöse Hämangiome

  • hellroter leicht erhabener, gut abgrenzbarer Tumor
  • unregelmäßiges Wachstum (plan, planotuberös, tuberonodös)
  • Entwicklung in den ersten Lebenswochen über ein Prodromalstadium (weißer Fleck)
  • zeigen ein progressives Wachstum währen der ersten Lebensmonate
  • spontane Rückbildung (zentral gräuliche Zone) bis zum 2. Lebensjahr möglich (30%), kosmetisch aber nicht immer zufrieden stellend: Narben, De- oder Hyperpigmentierung
  • Histologisch: Kapillarwucherung mit Proliferation von Endothelzellen

b. kavernöse Hämangiome

  • bläulich schimmernder subcutaner Knoten von weicher Konsistenz
  • Haut normal oder Sitz von kapillären Hämangiomen (= gemischte H.)
  • Histologisch: septierte Hohlräume in der Dermis und Subcutis

c. gemischte Hämangiome

Therapie der angeborenen Gefäßerkrankungen:

Das therapeutische Spektrum der Hämangiombehandlung ist vielseitig.

  • Excision
  • Systemische Cortisontherapie
  • Lokale Cortisoninstillation
  • Selektive Embolisation
  • Lasertherapie

Diese Therapien sind jedoch nicht als singulär zu betrachten, sondern können auch miteinander kombiniert werden.
An der kinderchirurgischen Abteilung des SMZ-O werden die meisten angeborenen Gefäßmißbildungen mit dem Neodym-Yag Laser behandelt. Mit dieser Therapie konnten wir kosmetisch zufrieden stellende Ergebnisse erzielen. Aus diesem Grund soll nun in weiterer Folge nun auf diese Methode näher eingegangen werden.

Indikation zur Anwendung des Neodym-Yag Lasers:

Die Indikation zur sofortigen Lasertherapie stellt sich nicht zuletzt aus den bei Hämangiomen und vaskulären bekannten Komplikationen:

  • Schnelles Wachstum
  • Funktionelle Beschwerden (Okklusion von Lumina, Infiltration und Zerstörung von Organen)
  • Oberflächliche Exulcerationen verbunden mit massiven Blutungen
  • Superinfektion
  • Verbrauchskoagulopathie (Kasabach-Merritt-Syndrom)
  • Kardiale Dekompensation bei AV-Malformationen

Sondern auch aus

  • psychosozialen Faktoren
  • der Lokalisation: Gesicht, anogenitalregion
  • Entwicklung von typischen Prodromalstadien der Hämangiome
  • Kosmetischen Gründen: nicht alle Hämangiome mit spontaner Regression zeigen ein zufrieden stellendes Spätresultat
  • Präoperative Volumenreduktion, da bei einer primären Excision ein Wundverschluß nicht möglich wäre

Methodik:

Die Nd-Y Laserung erfolgt in Allgemeinnarkose und je nach Wachstumstendenz, Lokalisation und Größe in mehreren Sitzungen im Abstand von 4-6 Wochen. Je nach Art des Hämangioms unterscheidet man 2 unterschiedliche Behandlungsformen:

1. Perkutane Laserbehandlung:
Diese Methode wird bevorzugt bei kapillären oder kleinen kavernösen Hämangiomen angewandt. Die Lasereinstellung beträgt 30-40 Watt, continous wave (Kontinuierliche Laserapplikation). Die Laserung erfolgt im non „contact mode“ das heißt die bare fiber hat keinen direkten Kontakt zur Haut. Die Haut muss zur Vermeidung von oberflächlichen thermischen Epithelschäden mittels eisgekühlter Glasobjektträger gekühlt werden. Glas bietet gegenüber den in einigen Publikationen erwähnten Eiswürfeln den Vorteil, dass es keine Luftblasen enthält, die zu einer Streuung des Laserstrahls führen würden. Mit dem Objektträger erreicht man einen guten Hautkontakt und außerdem wird das Hämangiom komprimiert, was die Eindringtiefe des Lasers deutlich verbessert, so dass auch Hämangiome mit einer Tiefenausdehnung von 2-3cm mit gutem Erfolg perkutan gelasert werden können. Zu beachten ist, dass die Laserung des Hämangioms rasterartig erfolgt und keinesfalls in seiner ganzen Ausdehnung, da sonst die Nekrosefläche zu groß wäre.

2. Intraluminale Laserapplikation:
Bei großen polsterartig imponierenden und tief in die Subcutis reichenden kavernösen Hämangiomen ist diese Methode die Therapie der Wahl. Der angiomatöse Tumor wird mit einer Kanüle (z.B. ein Venflon
Als postoperative Komplikationen können oberflächliche Exulcerationen mit Blutungen sowie lokale Infektionen beobachtet werden.

Spätresultate:

Bei kleinen Hämangiomen erreicht man zumeist eine vollkommene Regression nach einmaliger Lasertherapie. Als Residuum können lediglich ein hyper- oder depigmentiertes Hautareal zurückbleiben. Bei größeren Hämangiomen muss die Lasertherapie zur primären Volumsreduktion öfter wiederholt werden und kann als Kombinationstherapie zur Excision gesehen werden.
Sekundär exulcerierte oder infizierte Angiome hinterlassen zumeist Narben, die eventuell einer kosmetischen Korrektur bedürfen.


Weiterführende Informationen/Studien:

Hämangiome bei Kindern früher behandeln!

"Beta-Blocker Gabe" - eine neue Therapieoption bei Hämangiomen!

Therapie angeborener Gefäßerkrankungen mit dem Laser

Hämangiome (Blutschwämme) - Übersicht

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