„Beta-Blocker Gabe“ - eine neue Therapieoption bei Hämangiomen!

Die kindlichen Hämangiome sind durch einen typischen Wachstumsverlauf gekennzeichnet. Im Allgemeinen kommt es zu einem ersten Auftreten der Hämangiome, häufig als „kleiner roter Punkt“, in den ersten Wochen nach der Geburt. Anschließend kommt es zu einer ausgeprägten Wachstumsphase in etwa vom 1. bis zum 6. Lebensmonat, wobei es hier zu einer sehr raschen Größenzunahme und einer Verdrängung anderer Strukturen kommen kann. Anschließend daran kommt es üblicherweise zu einer Stagnationsphase, welche die Zeit vom 6. bis zum 12. Lebensmonat umfasst. Daran anschließend folgt eine Regressionsphase, welche vom Ende des 1. Lebensjahres bis etwa zum 6. Lebensjahr andauert, hierbei kommt es zu einem unterschiedlich starken Schrumpfen sowie teilweise vollständigen Verschwinden des Blutschwammes. Die meisten Komplikationen entstehen durch das rasche, verdrängende Wachstum in den ersten 6 Lebensmonaten. Die bisher existierenden Therapieoptionen umfassen die folgenden Möglichkeiten:

  • Chirurgische Entfernung
  • Laserung:
    o Nd:YAG-Laserung
    o Farbstoff-Laserung
  • Vereisungstherapie 
  • „Abwarten der physiologischen Regression“

Andere medikamentöse Behandlungsformen wie die Behandlung mit Kortison, Vincristin oder Interferon sind aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen heutzutage im Wesentlichen obsolet.

Als neue Therapieoption ist die Behandlung mit Propranolol (Beta – Blocker) in den letzten 2 Jahren in den Mittelpunkt der medizinischen Forschung gerückt. Im Jahr 2008 beschrieben Léauté-Labrèze et al. im New England Journal of Medicine erstmals die Wirkung von Propranolol auf kindliche Hämangiome. Als Zufallsentdeckung wurde die positive Wirkung der Gabe von Propranolol, einem Blutdruckmedikament, auf das Wachstum von kindlichen Blutschwämmen festgestellt. Bei einem Kind mit ausgedehnten Hämangiomen wurde aufgrund der Nebenwirkungen der Kortison-Behandlung eine Gabe des Medikaments Propranolol erforderlich, innerhalb von wenigen Tagen kam es zu einem deutlichen Abblassen sowie einer Größenminderung der Blutschwämme. Propranolol wird in einer gewichtsangepassten Dosierung als aufgelöste Kapsel 3x tgl. oral verabreicht. Es handelt sich um ein gut bekanntes Medikament, welches seit über 40 Jahren in der Kinderheilkunde in Verwendung und nebenwirkungsarm ist. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind das mögliche Auftreten einer vorübergehenden niedrigeren Pulsfrequenz sowie eines erniedrigten Blutdruckes. Besonders achten muss man auf die mögliche Verengung der Bronchien bei vorbekannten obstruktiven Atemwegserkrankungen bzw. Asthma.

Die Behandlung mit diesem Beta-Blocker sollte während der Wachstumsphase der Blutschwämme, in etwa von der 6. Lebenswoche bis zum 6. Lebensmonat begonnen werden.Das wesentlichste Anwendungsgebiet stellen große Hämangiome im Gesichtsbereich dar, insbesondere Blutschwämme mit problematischer Lokalisation (Auge, Nase, Lippen, Ohren, Ano-Genital-Region). Ein weiteres Anwendungsgebiet wären sehr große ausgedehnte flächenhafte Blutschwämme am Stamm und den Extremitäten. Die wissenschaftliche Forschung muss zeigen, ob es in Zukunft zu einer Ausdehnung der Indikationsstellung kommen wird. Gegenanzeigen gegen die Behandlung mit einem Betablocker wären Frühgeborene vor dem Erreichen des errechneten Geburtstermins, Neugeborene in den ersten beiden Lebenswochen, ebenso wie angeborene Herzfehler mit Kontraindikationen einer Beta-Blocker-Therapie, Säuglinge mit Episoden einer obstruktiven Bronchitis bzw. einer eingeschränkten Nierenfunktion.

Für den Therapiebeginn ist die stationäre Aufnahme und Überwachung für mindestens 48 Stunden erforderlich. Es werden vor Beginn der Behandlung sowie während der ersten 2 Tage wiederholt Puls- und Blutdruck-Messungen durchgeführt. Ein EKG sowie eine Herz-Ultraschall Untersuchung sind erforderlich. Am ersten Tag wird mit der halben Tagesdosis begonnen. Bereits am 2. Tag kann die endgültige Dosis verabreicht werden. Im weiteren Verlauf kommt es im Allgemeinen zu einem deutlichen Abblassen des Blutschwammes sowie einer Stagnation des Wachstums innerhalb von 1 bis 2 Wochen. Ab etwa 4 Wochen nach Therapiebeginn kann mit einem deutlichen Größenrückgang des Blutschwammes gerechnet werden. Die empfohlene Therapiedauer beträgt derzeit 6 Monate, regelmäßige Kontrollen mit Gewichtsanpassung, Blutdruck- sowie Puls-Kontrollen sind erforderlich. Nachdem Beendigen der Therapie kann die Medikamentengabe ohne weitere Maßnahme beendet werden.

Bisher haben alle bei uns behandelten Patienten auf diese Therapie gut angesprochen, bei allen Patienten haben sich die Blutschwämme zurückgebildet. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Auswahl der geeigneten Therapieform für den kindlichen Blutschwamm in der Hand des Erfahrenen unbedingt erforderlich ist. Weitere Studien müssen zeigen, ob sich die Beta-Blocker Therapie als alleinige Behandlungsform bei kindlichen Blutschwämmen durchsetzen wird.

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