Milz / Milzchirurgie

Die Milz ist ein Blutfilterorgan mit immunologischen Abwehrfunktionen. Die Abwehrfunktionen waren lange nicht in ihrem vollen Umfang erforscht. Man hat aber beobachtet, dass besonders Kinder bis zum 5. Lebensjahr ohne Milz stark durch die Keime Pneumokokken und Haemophilus influenzae – B infektionsgefährdet sind (OPSI = overwhelming postsplenectomy infection nach King und Shumacker 1951). Impfungen gegen die genannten keime sind möglich und sollten gegebenenfalls breite Anwendung finden. 

Aufbau der Milz, wobei das Blut über die arterielle Strombahn (rotes Gefäß) in die Milz strömt: Um die Arterie findet sich das Abwehsystem (lymphatische Scheiden) und zusätzlich angelagert sogenannte Keimzentren in denen Abwehrzellen Informationen über Erreger aufbereiten und speichern (Lymphfollikel). Zusätzlich findet sich dann in den anschließenden „gefensterten Blutschläuchen“ (Sinusoide) Makrophagen, also „Fresszellen“, die ebenfalls Erreger aufnehmen können.

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Kumar: Robbins and Cotran: Pathologic Basis of Disease, 7th ed., 
Copyright © 2005 Saunders, An Imprint of Elsevier


Bei einem Pulsschlag fließen etwa 10% des ausgeworfenen Blutvolumens durch die Milz. Kleinkinder ohne Milz sind im besonderen Maße infektionsgefährdet. Daher wird heute bei Milzverletzungen, die zumindest anteilige, Organerhaltung gefordert. Im Gegensatz zu den milz- bzw. organerhaltenden Eingriffen sind, bei bestimmten Bluterkrankungen, drastische Reduktionen bzw. auch die Entfernung des Milzgewebes notwendig. 

  • Die häufigsten operativen Eingriffe erfolgen wegen eines „Milztraumas“. Bei stumpfem Bauchtrauma ist die Milz das am häufigsten verletzte Organ innerhalb der Bauchhöhle. Dabei kann es vom einfachen Bluterguss über Milzkapselrisse zur gänzlichen Berstung des Organs kommen. Man unterscheidet verschiedene Verletzungsstadien.
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  • Die lebensbedrohliche Situation der Milzverletzung ergibt sich aus der Blutung in die Bauchhöhle. Früher – wo die Kenntnisse über die immunologische Abwehrfunktion noch nicht so weit fortgeschritten waren - hat man sich zu Milzentfernung rasch entschlossen. Heute ist man um die Milzerhaltung bemüht und die Entfernung des Organs wurde in kompetenten kinder- und jugendchirurgischen Zentren zur Rarität.Die heute stark propagierten Alternativen zur totalen Milzentfernung sind dieTeilsplenktomie und/oder Splenorraphie (z.B. Einhüllung in ein resorbierbares Netz). 

  • Die hereditäre Sphärozytose, oder „Kugezellanämie“ erfordert als Bluterkrankung oftmals die komplette Entfernung bzw. eine drastische Reduktion des Milzgewebes. Die erkrankung besteht in einem vererbten Defekt der Blutkörperchenmembran. Die Folge sind kugelig deformierte, steife Erythrozyten (Sphärozyten), die in der Milz filtriert und abgebaut werden. Somit resultiert ein Mangel an Blutkörperchen (Anämie). Die Milz vergrößert sich im Laufe der Zeit (Splenomegalie) und vergrößert zunehmend ihre Filterfunktion. Der rote Blutfarbstoff aus den gefilterten Blutkörperchen muss verarbeitet werden und es kommt zur Überlastung der Ausscheidung über die Galle. Die Folge sind Gallensteine. Gallensteine können die Gallenwege verstopfen, besonders wenn sie klein sind, und in der Folge lebensgefährliche Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) hervorrufen. Der Abbau der Blutkörperchen führt zu einer gesteigerten Produktion von Blutkörperchen im Knochenmark. Krisen in der Produktion können sich beispielsweise im Rahmen einer Parvovirus B19 Infektion mit Suppression der Erythropoese ergeben. 

    Als wirksame Therapie gilt die totale Milzentfernung. Das Risiko (< 10%) der Kinder ohne Milz, an einer schweren Infektion zu erkranken, führt heute zu der Forderung, mit der MIlzentfernung bis zu einem Alter von 5-6 Jahren zuzuwarten. Es gilt, den Leidensdruck und die abgelaufenen Komplikationen (Anämie, apalstische Krisen, Gallenkoliken, Pankreatitis) in die Entscheidungsfindung des Splenektomiezeitpunktes bei geimpftem Patienten (Pneumokokken, Hämophilus influenzae B) einfließen zu lassen. Teilsplenektomien sind durch die neuerliche Größenzunahme des belassenen Milzparenchyms und des damit verbundenen Krankheitsrezidives unbefriedigend. Dadurch wird die Sinnhaftigkeit der undefinierten Teilsplenektomie in Frage gestellt. Subtotale Splenektomien (NTS), wo ein nur 10cm³ großer Milzparenchymzylinder belassen wird, könnten eine zukunftsweisende Entwicklung darstellen. 

  • Milzzysten sind meist unilokulär, heben ein Epithel (Plattenepithel oder Endothel) und sind mit seröser Flüssigkeit gefüllt. Milzzysten machen meist keine Beschwerden. Symptomatische Milzzysten, die gewöhnlich über 8cm Durchmesser aufweisen, können unklares Völlegefühl, Unbehagen im Oberbauch, schnelle Sättigung, Schmerzen im Brustkorb, Kurzatmigkeit, linksseitige Rücken- oder Schulterschmerzen oder sogar eine Art Kreuzschmerz (Lumbalgie) durch Kompression der linken Niere verursachen. Die Zysten können, wenn sie an der Oberfläche liegen, platzen. Hier besteht auch die Gefahr, dass bei der Ruptur Milzgewebe einreißt und es zu einer Blutung in die Bauchhöhle kommt. 

    Am folgenden Bild sehen sie eine Milzteilresektion, wo das Milzgewebe mit der Milzzyste entfernt wurde.
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Die Milzchirurgie ist in der letzten Zeit bezüglich der Gewebeerhaltung und der offenen bzw. geschlossenen Vorgehensweise vielfältig geworden. Die Möglichkeiten beinhalten, abgesehen von der gänzlichen Milzentfernung, die Milzteilresektion, die nachezu gänzliche Milzentfernung (Near Total Splenectomy, NTS), die Netzeinhüllung und die minimal invasiven laparoskopischen Behandlungstechniken

Die Vorteile und Nachteile der Laparoskopie müssen kritisch abgewogen werden. Schwierigkeiten ergeben sich bei der laparoskopischen Technik bei akuter Blutung und bei hohem Organgewicht von > 1kg (Konversionsrate zum offenen Eingriff von 60%).

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