Die Trichterbrust-Korrektur oder Trichterbrust-Operation beim Erwachsenen (auch älteren Jugendlichen)
Die Trichterbrustkorrektur (Trichterbrust-Operation) ist eine Domäne der Kinderchirurgie und Jugendchirurgie, nachdem diese Deformität besonders im Jugendalter korrigiert wird. Die Trichterbrustkorrektur gehört zu den langjährigen Spezialgebieten der Abteilung von Rokitansky.
Die typische Trichterbrust ist eine Deformität mit einer Einsenkung des unteren Brustbeinanteiles. Das Brustbein kann sich geradlinig – gleichsam einer schiefen Ebene – oder mit einer Knickbildung einsenken. Neben einer mechanischen Instabilität des Brustbeines im Kindesalter sind auch die Rippen durch ein reaktives Längenwachstum wesentlich an der Trichterbildung beteiligt. In der Regel ist die 4. -7. Rippe betroffen, wobei fallweise auch die 3. Rippe beteiligt sein kann.
Die Trichterbrust stellt die häufigste Fehlbildung der Thoraxwand dar, welche zumeist schon Kleinkindesalter erkennbar ist. Das männliche Geschlecht überwiegt mit einem Verhältnis von etwa 3:1. Bei Erwachsenen findet man häufiger asymmetrische Formen. Der tiefste Punkt findet sich dann rechts neben dem bereits verkippten Brustbein. Dieser Effekt resultiert daraus, dass das Herz die Einsenkung auf der linken Körperseite vermindert. Weiters betrifft die Einwärtsbiegung der Rippe nicht mehr den vorderen knorpeligen, sondern auch im knöchernen Anteil der Rippe. Der Brustkorb des Erwachsenen ist natürlich viel steifer als der des Jugendlichen. Nachdem die Trichterbrust in der Regel im Jugendalter korrigiert wird, sieht man im Kollektiv der erwachsenen Patienten die (nach ungünstigen Methoden) bereits operiert sind und sich die Trichterbrust wieder gebildet hat. Als Nebeneffekt vorangegangener Korrekturen sieht man Verknöcherungen der knorpeligen Rippenanteile. Eine Situation, die zusätzlich die Steifigkeit des Brustkorbes erhöht.
Asymmetrische Trichterbrust eines Erwachsenen mit verkipptem Brustbein und der Biegung der Rippen bereits im knöchernen Anteil.
Ausgehente Verknöcherung der knorpeligen (also vorderen) Rippenanteile (daher sichtbar im CT) nach ungünstigen Voroperationen.
Eine verminderte Atembeweglichkeit des Thorax, ziehende Schmerzen im Trichterbereich, unangemessen rascher Pulsanstieg bei Belastung, Pulsunregelmäßigkeiten und eine reduzierte Belastungskapazität mit Kurzatmigkeit gehören zu den wesentlichen Beschwerden. Natürlich hat auch der kosmetische Aspekt Gewicht. In zahlreichen Fällen zeigen sich leichte Kerzklappendysfunktionen. Diese ergeben sich daraus, dass das Herz durch die Trichterbildung auf die linke Körperseite verschoben wird.
Untersuchungen:
Ein Thoraxröntgen inklusive einer seitlichen Aufnahme, ergänzt, und das besonders bei asymmetrischen Formen, durch eine Schnittbilduntersuchung (MR oder CT). Es wurden verschiedenste Indices zur Objektivierung des Trichterbrustbefundes entwickelt, wobei der so genannte „Haller CT Index“, gemessen an der tiefsten Stelle des Trichters, die breiteste Anwendung findet. Werte über 3,2 gelten als pathologisch. Es wird der transversale Durchmesser im Verhältnis zum sagittalen Durchmesser berücksichtigt. Ein Herzultraschall (Klappeninsuffizienzen, Mitralklappenprolaps, Eindellung des rechten Ventrikels,..), erweitert durch ein Langzeit – EKG, ergeben weitere Informationen. Auch sollte eine Spirometrie (Lungenfunktionsprüfung, wobei sich in der Mehrzahl der Fälle eine um 10 – 20% reduzierte Lungenkapazität ergibt) zur Klärung einer Lungenfunktionsstörung durchgeführt werden.
Die therapeutischen Maßnahmen:
Die Therapie der Trichterbrust umfasst zwei Komponenten. Es sind das einerseits die physikalischen Maßnahmen, wie Atemübungen und Haltungsgymnastik, wobei die intensive (sportliche) Kräftigung der Rückenmuskulatur, der Bauchmuskulatur, des Schultergürtels und der Brustmuskulatur besondere Beachtung finden soll. Diese konservativen Maßnahmen müssen in schweren Fällen durch die operative Korrektur ergänzt werden. Besonders ein gezieltes Ausdauertraining stärkt die Muskulatur zwischen Rippen womit bessere Bedingungen für die operative Korrektur entstehen.
Die minimal invasive Korrekturmethode – beschrieben durch den amerikanischen Kinderchirurgen NUSS - benötigt einen speziellen C – förmig gebognen Bügel, der das Brustbein anhebt und, über einen Zeitraum von 2 - 3 Jahren, den Brustkorb zurück zu seinem normalen Wachstum „zwingt“, so dass das Implantat in einer zweiten Operation wieder entfernt werden kann. Diese Korrekturmethode wurde von Prof. Rokitansky modifiziert, so dass sie auch beim Erwachsenen mit schwerstem Befund erfolgreich zu Anwendung gebracht werden kann. Hier liegen bereits Erfahrungen mit über 50 erfolgreich behandelten Erwachsenen vor, deren mittleres Alter bei 27 Jahren (18 – 45 Jahre) lag.
Die Patienten müssen darauf vorbereitet werden, dass sie während der ersten postoperativen Woche Medikamente gegen Schmerzen erhalten. In dieser Phase, wo der Brustkorb zu einer „normalen Form“ gezwungen wird ergeben sich Schmerzperioden, die einer Behandlung bedürfen. Nach einer Woche reduzieren sich die Schmerzphasen deutlich, so dass nahezu alle Patienten nach etwa 10 Tagen keine – oder nur fallweise - Schmerzmittel mehr benötigen. Hier helfen auch Infiltrationen.
Der Eingriff wird mit perioperativer Antibiotika – Prophylaxe durchgeführt. Im Rahmen der Allgemeinnarkose erweist sich eine Doppellumen – Intubation als vorteilhaft. Dabei kann jede Lunge einzeln beatmet werden. Die Schmerzausschaltung kann neben der herkömmlichen intravenösen Schmerzmittelgabe auch durch eine epidurale Schmerzblokade erfolgen. Der epidurale Katheter bleibt postoperativ zur weiteren Schmerztherapie liegen. Es sind Operationszeiten zwischen 45 Min. und 1,5 Stunden zu erwarten. Mit transfusionspflichtigen Blutverlusten ist nicht zu rechnen. Bei älteren Patienten ergibt sich die Notwendigkeit, dass zwei Stützimplantate (Bügel) zur kompletten Anhebung des Brustbeines notwendig sind.
Die modifizierte minimal invasive Trichterbrustkorrektur bei älteren (ev. voroperierten) Jugendlichen bzw. Erwachsenen beinhaltet speziell folgende Punkte (Für Ärztinnen und Ärzte: „Rokitanskys Method“ im 2009 erschienenen Lehrbuch „Pediatric Surgery Digest“ ISBN: 978-3-540-34032-4; Kapitel Thorax: http://www.springer.com/medicine/surgery/book/978-3-540-34032-4):
- Dehnung des Brustkorbes und völliger Ausgleich des Trichters durch lang andauerndes Anheben des Brustbeines während der Operation. Hier wurde ein spezielles Instrument entwickelt. Der ausgeglichene Trichter ermöglicht die optimale Positionierung des Implantates.
- Verwachsungen hinter dem Brustbein müssen gelöst werden, damit hier der zusätzliche Gewebezug wegfällt.
- Bei einer starken Knickbildung im Brustbein muss hier operativ eine „Kerbe“ gebildet werde, so dass sich das Brustbein leichter geraderichten lässt (partielle Sternumosteotomie). Diese Kerbe wird bei geradem Brustbein horizontal, bei verdrehtem Brustbein schräg angelegt.
Verlauf der schrägen Kerbung des Brustbeines bei verdrehtem Brustbein. Üblicherweise ist der linke Rand des Brustbeines angehoben, so dass die Kerbung von re. oben nach links unten verlaufen sollte.
- Bei verdickten und stark ausgebildeten Rippenknorpeln (Jugendliche) werden diese durch eine minimal invasive thorakoskopische Methode mit einem langen Präparierinstrument schlitzförmig gekerbt und dadurch wieder geschmeidig gemacht. Dabei sollten die Kerbungen nur etwa 1/3 des Rippenquerschnittes betreffen.
3 Kerbungen des steifen Rippenknorpels, die den Knorpel geschmeidig machen, so dass ein kompletter Trichterausgleich nach Einsetzen der PSI Implantate möglich ist.
- Bei voroperierten Erwachsenen wo sich verknöcherte Rippenknorpel finden müssen diese gezielt innerhalb der Knorpel-/Knochenhaut durchtrennt werden. Damit wird der Brustkorb wieder elastisch und der Trichter kann durch Einpflanzung der Implantate ausgeglichen werden. Rokitansky konnte nachweisen, dass derartige Osteotomien die minimal invasive Korrekturmethode beim schweren Befund im Erwachsenenalter auf das wirksamste ergänzt und den erfolgreichen Einsatz ermöglicht.
- Das in den Brustkorb eingezogene C-förmig gebogene Implantat wird beidseits mit Wendeinstrumenten gewebeschonender gedreht. Gerade dieses beidseitige Drehen des Implantates trägt zur Gewebeschonung bei.
Am Anfang und am Ende des Korrektureingriffes. Die seitlichen schrägen Hautöffnungen, sind etwas länger gehalten, da in diesem Fall 2 Implantate eingepflanzt wurden.
Am Anfang und am Ende des Korrektureingriffes.
Spätresultat einer Trichterbrustkorrektur beim Erwachsenen
- Grade beim Erwachsenen, wo in der Regel 2 Implantate zur Anwendung kommen müssen hat sich das PS – Implantat (Fa. Hofer/Österreich) mit dem integrierten Stabilisatorflügel bewährt. Gerade im Stabilisatorbereich besteht bei „alten“ Implantatmodellen die Problematik der Metallberührung. Durch den umgestalteten Stabilisatorbereich mit asymmetrischer Stabilisatorlasche konnten Probleme des Metall–Metallkontaktes wischen den Implantaten vermieden werden. Die Metall–Metallkontakte sind besonders beim Sport störend und können die seitliche Rumpfbeweglichkeit ein schränken. Zusätzlich ist bei der früheren Generation, dort wo die Stabilisatoren – gleichsam als Geschiebe – aufgeschoben wurden jener seitliche Implantabereich breiter und schmiegt sich deutlich schlechter dem Körper an. Zusätzlich kann sich der aufgeschobene Stabilisatorflügel lösen und abgleiten. Die PSI – Implantate mit integriertem Stabilisatorflügel (Fa. HOFER/Austria) haben hier einen großen Vorteil.
Möglicher Metall- Metallkontakt (roter Kreis) bei früherer Implantatgestaltung. Hier sind die Stabilisatorplatten seitlich als zusätzliche Elemente aufgeschoben und nach beiden Seiten hin – also nach oben und unten hin – ausladend. Diese beidseitigen Fortsätze sind nicht notwendig und wurden im Rahmen der Weiterentwicklung beim PS – Implantat (Hofer/Österreich) umgestaltet. Auch das Abgleiten, also der „Verlust der Stabilisatorplatte ins Gewebe“ - und damit deren Funktionsverlust - wurde durch die Einstückigkeit des PS – Implantates ausgemerzt.
Die beiden Stützimplantate mit den integrierten Stabilisatorlaschen die parallel liegen und bei Doppelimplantaten keine „Metallberührung“ zustande kommt.
- Bei schwach ausgebildetem Gewebe kann es notwendig sein die Zwischenrippenmuskulatur, also jener Bereich, wo das Implantat zur Anhebung des Trichters aufliegt zu verstärken (Z.B.: durch ein resorbierbares – also sich mit der Zeit auflösendes und in Bindegewebe umwandelndes - Netz oder durch eine kleine Metallplatte). Diese ergänzende Methode muss nur selten angewandt werden. Üblicherweise ist das vorliegende Gewebe von genügender mechanischer Belastbarkeit.
Verstärkung der Zwischenrippenmuskulatur (n. Rokitansky) zur Verbesserung des Bettes, wo das Implantat liegt.
- Nach der Anhebung des Brustbeines und dem Ausgleich des Trichters kann der untere Rippenbogen besonders stark vorspringen. Hier kann es notwenig sein die Rippenknorpel zu kürzen. Dabei werden die Knorpelstücke aus der ihrer Oberfläche, der Knorpelhaut „geschält“ und entfernt. Die Knorpelhaut wird gestrafft und innerhalb eines Monates bildet sich ein nicht vorspringender neuer Rippenknorpel.
Vorspringender unterer Rippenbogen, wo die Knorpelanteile der Rippen gesondert operativ behandelt werden müssen.
- „Kleine Restdeformitäten“ können mit der biologischen Substanz „Macrolane®“ausgeglichen werden, die sich mehr oder weniger im Laufe der Zeit in körpereigenes Gewebe umwandelt.
Ein Patient nach Korrektur einer ausgeprägten Trichterbrust, wobei eine kleine Restdeformität mit 20ml Macrolane® korrigiert wurde. Macrolane@ wird auch erfolgreich für Brustvergrößerungen verwendet.
News - Trichterbrust-Korrektur und -Operation:
Endoskopische minimal invasive Rippenplastik im Rahmen Trichterbrustkorrektur - Mai 2007
Weiterführende Informationen/Studien:
Die Trichterbrust - alle Details
Die Trichterbrust Operation beim Erwachsenen
Trichterbrust - Poster (PDF 494KB)