Schädel-Hirn-Trauma (SHT) beim Säugling und Kleinkind

Das Schädelhirntrauma stellt nach wie vor die führende Todesursache beim Kind dar. Mehr als 50% aller kindertraumatologischen Patienten erleiden eine Kopfverletzung, wobei selbst bei moderatem SHT in 30 % der Fälle ein auffälliges CT vorliegt und 10 % dieser Patienten einer neurochirurgischen Intervention bedürfen. Säuglinge und Kleinkinder weisen aufgrund der physiologischen engen Beziehung zwischen Dura und Schädelknochen, mit breiter venöser Kommunikation, bei noch mangelhaft ausgebildeter Abwehrreaktion und schwacher Kopfhaltemuskulatur, eine hohe Inzidenz an Kopfverletzungen und die höchste Inzidenz an subduralen Hämatomen auf, wobei besonders in dieser Altersgruppe in einem Drittel der Fälle Sub- und Epiduralhämatome ohne Frakturzeichen vorkommen. Aus diesem Grund erweist sich das Schädelröntgen zum Ausschluß eines SHT oder einer potentiellen kindlichen Gefährdung als ungeeignet. Als weitere Besonderheit im Kindesalter ist zu nennen, dass die cerebralen Reserveräume, aufgrund des kindlichen Gehirnwachstums, geringer sind als beim Erwachsenen, bei gleichzeitig außerordentlichem Wasserreichtum und größerer Hypoxieempfindlichkeit. Aus diesem Grund kommt es rascher zur Hirnödementwicklung nach kindlichem SHT. Insbesondere leichte Gehirnerschütterungen, meist vergesellschaftet mit einer Contusio capitis, sind bei Kindern sehr häufige Ereignisse, mit Erbrechen, Kopfschmerzen und Schwindel als Symptome einer intracraniellen Drucksteigerung. Amnesie oder intiale Bewußtlosigkeit sind bei Kindern anamnestisch oft schwer erhebbar. Bei jeder Commotio ist eine stationäre Beobachtung und Überwachung der Kinder angezeigt. Bettruhe bis zum Verschwinden der subjektiven Symptome, sowie eventuell leichte Analgetika erweisen sich als günstig, bei massivem Erbrechen zusätzlich parenterale Flüssigkeitssubstitution. Bei einer einfachen Commotio sind keine Dauerschäden zu erwarten, bei zu rascher Mobilisation können jedoch postcommotionelle Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Schwindel, temporäre Hirnleistungsschwäche und Gedächtnisstörungen, sowie Konzentrationsmängel noch längere Zeit die Kinder beeinträchtigen.

Im Gegensatz zur Commotio cerebri handelt es sich bei der Contusio cerebri um morphologisch faßbare Hirnschäden, als klinisches Korrelat einer Kontusion ist immer ein herdförmiger neurologischer Ausfall gleich nach dem Trauma nachweisbar. Die Ausprägung der Symptome reicht von Reizerscheinungen, wie Krämpfen, Reflexsteigerung und positiven Babinski-Reflex, bis zu Lähmungen. Aufgrund des begleitenden Hirnödems kommt es zusätzlich zu Drucksymptomen, mit zunächst Bewußtlosigkeit und Pulsanstieg durch Vagusreizung. Die Therapie der Kontusionen richtet sich nach dem Bewußtseinszustand, sind die Patienten bei Bewußtsein so werden Atmung, Kreislauf, Bewußtsein und Pupillenreaktionen beobachtet und dokumentiert, aufgrund der meist notwendigen Therapie des begleitenden Hirnödems ist jede Hirncontusion an einer Abteilung stationär aufzunehmen, an der auch eine Intensivtherapie möglich ist.

Jede Gewalteinwirkung auf den kindlichen Schädel kann zu Schädelfrakturen oder Nahtsprengungen führen, wobei als Besonderheit des Säuglings- und Kleinkindesalters die wachsende Schädelfraktur zu nennen ist. Durch Zerreißen der Hirnhäute unter dem Frakturspalt kommt es zu einem Prolabieren des Gehirns mit Liquoraustritt, sodass der Bruchspalt nicht heilen kann und im Laufe des Wachstums breiter wird. Diese Verletzung muß operativ versorgt werden. Wenn bei den Kleinkindern vorallem das Schädeldach betroffen ist, so dominieren bei den Schulkindern und darüber die Schädelbasisfrakturen. Unabhängig davon ob eine Fraktur vorliegt oder nicht, kann es zur traumatischen Subarachnoidalblutung, zur epi- oder subduralen Hämatomen kommen, sowie intracerebrale Hämatome auftreten. Die traumatische Subarachnoidalblutung ist ein relativ häufiger Begleitbefund von Hirnverletzungen, die das klinische Bild prägen, die Auswirkung der Subarachnoidalblutung ist mit Kopf-Rückenschmerzen, Meningismus und Brechreiz eher gering.

Weit gefährlicher sind die Epiduralhämatome, die bei Verkehrsunfällen oder Stürzen aus großer Höhe als häufigste Ursachen auftreten können. Durch eine Einblutung aus der Arteria meningea kommt es rasch zur Bewußtlosigkeit, manchmal mit freiem Intervall, meist ohne, im Vordergrund jedoch stehen meist die Begleitverletzungen des Gehirns und stechende Kopfschmerzen. Nur die rasche computertomographische Abklärung und Trepanation sind lebensrettend. Ähnlich ist die Situation bei den weit häufigeren subduralen Hämatomen, deren Ausgangspunkt meist ein Rindenprellungsherd, ein Brückenvenen- oder Sinuseinriß ist. Im Vordergrund stehen auch hier zunächst die klinischen Zeichen der traumatischen Hirnschädigung, die sehr bald durch die intracranielle Raumforderung zur Bewußtlosigkeit führt. Typisch ist die einseitig weite Pupille und die arterielle Hypotension, in Spätstadien eine doppelseitige Mydriasis. Die frühzeitige Diagnose im CT und Trepanation ist auch hier lebensrettend.

Wesentlich schwieriger ist Diagnostik des chronischen Subduralhämatoms, das innerhalb eines halben Jahres nach dem Unfall erste Symptome, wie z.B. im Säuglingsalter Gedeihstörung, Reizbarkeit und Erbrechen zeigen kann. Erst später finden sich Krämpfe und Lähmungserscheinungen. In späten Stadien kommt es zur Pupillenerweiterung, Stauungspapillen, eventuell Netzhautblutungen, der Schädel vergrößert sich, die Nähte klaffen und die Fontanelle wölbt sich vor. Im Gegensatz zum akuten Subduralhämatom ist das chronische Subduralhämatom eine osmotische Reaktion auf die Auflösung des Hämatoms mit lokaler Hirnatrophie und sekundär oft Hydrocephalie. Die intracerebralen Hämatome gleichen in der klinischen Symptomatik den akuten subduralen oder epiduralen Blutungen oder schweren Hirnkontusionen. Vorwiegend rasches Eintreten einer tiefen Bewußtlosigkeit, Halbseitenausfälle und Mittelhirnstörungen sind typische Zeichen. Diagnostisch zeigt das CT die Blutungsherde auf, hier ist die rasche Operation die Therapie der Wahl.

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